Wie gut bewährt sich die Wasserkraftschnecke in der Praxis?


Alois Lashofer, Florian Kaltenberger, Bernhard Pelikan

 

Wasserkraftschnecken werden seit einem Jahrzehnt zur Stromerzeugung verwendet. Diese vergleichsweise neue Niederdrucktechnologie wird noch als Nischenprodukt gehandelt. Die vorliegende Arbeit fasst auf Basis einer Standorterhebung, einer Betreiberbefragung, umfangreichen Feldmessungen und einer Literaturrecherche zur Fischverträglichkeit den aktuellen Entwicklungsstand dieser Wasserkraftmaschine zusammen. Damit bietet sie eine zusätzliche Entscheidungsgrundlage für die Turbinenwahl bei neuen Kleinwasserkraftstandorten.

 

 

 

Does the Archimedean screw turbine stand the test?

Since about one decade Archimedean screws are being used for power generation. This comparatively new, ultra-lowhead technology is still a niche product. The presented work includes a site enquiry, an operator survey, extensive field measurements as well as a literature survey on fish tolerance. It assess the width of usage, the areas of application, operation experiences as well as needs for further investigation into the Archimedean screw turbine. This article summarises the current development of this hydro-power machine and furthermore offers essentials for decision-making in turbine selection at small hydro power sites.

 

1        Hintergrund und Konzept

 

Die Schneckenpumpe zur Wasserförderung wurde bereits im 3.Jhdt vor Christi vom Physiker und Mathematiker Archimedes (287 - 212 v. Chr.) erfunden, weshalb sie auch als „archimedische Schraube“ bezeichnet wird [1]. Ihre Anwendung liegt in der Wasserhebung zu Be- und Entwässerungszwecken. Das gleiche Prinzip kommt auch in modernen Stückgut‑Förderanlagen, den Schneckenförderern, zur Anwendung.

Die Wasserkraftschnecke (WKS), als energietechnische Umkehr der archimedischen Schraube, wurde 1991 von Karl-August Radlik [2] zum Patent angemeldet. Die erste WKS wurde von 1995 bis 1997 an der TU Prag unter der Leitung von Karel Brada getestet [3]. Noch im Jahr 1997 wurde sie an der Eger in Aufhausen (Deutschland) eingebaut, wo sie seit 13 Jahren mit 4 kW Generatorleistung läuft. Die ersten rein kommerziell genutzten WKS wurden im Jahr 2000 in Deutschland in Betrieb genommen. Nach eigener Recherche und Rücksprache mit den Herstellern ist seither die weltweite Anzahl der Anlagen auf über 180 Stück angewachsen. Durch diese vergleichsweise geringe Anzahl gibt es nur vereinzelte Betreiberberichte, weshalb diese Niederdrucktechnologie noch als Nischenprodukt gilt.

Um wissenschaftliche Grundlagen für Auslegung und Betrieb der WKS bereitzustellen und gleichzeitig ihre Weiterentwicklung voranzutreiben, wurde im März 2010 das Projekt „WKS-opt“ (Verbesserung der Strömungseigenschaften sowie Planungs- und Betriebsoptimierung von Wasserkraftschnecken) gestartet. Bis Juni 2012 werden am Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau der Universität für Bodenkultur in Wien drei aufeinander aufbauende Arbeitspakete durchgeführt:

a)    Wirkungsgradmessungen an bestehenden Anlagen und eine Betreiberbefragung

b)    das neue Konzept der Drehrohrschnecke (geschlossener, mitdrehender Trog) wird durch Vergleichsmessungen mit einer konventionellen Trogschnecke getestet

c)    die Auswirkungen von variierten Gestaltparametern (Bild 1) werden im Laborversuch gemessen (Neigungswinkel, Steigung, Innendurchmesser, Blattzahl)

 

 

Bild 1:  Geometrische Gestaltparameter der WKS (am Beispiel einer 3-gängigen Schnecke)

 

Ziel dieses Beitrags ist, die umfangreichen Ergebnisse des ersten Arbeitspaketes dem interessierten Fachpublikum zu präsentieren, und damit die vorhandenen Angaben zu Wirkungsgrad [4],[5] und Betrieb aus dem Kontext von Herstellerangaben sowie einzelner positiver wie negativer Erfahrungen herauszuheben und zu objektivieren. Dabei war es den Verfassern wichtig den Kontakt zu allen Herstellern aufzunehmen und Anlagen aller Fabrikate einzubinden.

 

2        Methodik

 

Die Verbreitung der Technologie wurde durch Anfragen bei Wasserrechtsbehörden, kontinuierliche Internetrecherche und durch Weiterempfehlungen von kontaktierten Betreiber gesammelt. Dabei wurden Betreibername, Anlagenstandort, Durchfluss, Fallhöhe und Leistungsangaben von den gefundenen Standorten dokumentiert. Aufgrund der Vielzahl von Quellen ist die Art der Leistungsangabe nicht einheitlich. Das Verhältnis der angegebenen Anlagenleistung zur berechneten hydraulischen Leistung ließ für den Großteil der Anlagen darauf schließen, dass die Generatorleistung angegeben wurde.

 

Um die Einsatzbereiche und Betriebserfahrungen der WKS zu dokumentieren, wurden im zweiten Halbjahr 2010 Betreiberbefragungen in sechs europäischen Ländern durchgeführt (Österreich, Italien, Deutschland, Großbritannien, Irland und der Schweiz). Den telefonisch vorinformierten Betreibern wurde ein ausführlicher Fragebogen zugeschickt. Dieser enthielt Fragen zu Planung, Bau und Inbetriebnahme der Anlage, zur Schneckengeometrie und zu den Betriebsparametern. Ein Begleitschreiben des Instituts erläuterte den Rahmen der Befragung. Es wurde nach:

 

a)    allgemeinen Informationen zum Standort und dem Betreiber,

 

b)    den Herstellern der Bauteile,

 

c)    der wasserwirtschaftliche Anwendung (Hauptturbine, Restwasser, Überwasser),

 

d)    dem Anlagentyp (Wehr, Ausleitung),

 

e)    der Trogbauart,

 

f)     den monatsgenauen Zeitpunkten des Beginns des Betonbaues, der Montage und der Inbetriebnahme,

 

g)    dem Betrag einzelner Kostengruppen sowie

 

h)    der Jahresproduktion gefragt.

 

Die Informationen zur Geometrie umfassten im Wesentlichen die in Bild 1 angegebenen Parameter und die Auslegungsangaben beinhalteten:

 

a)    die Fallhöhe,

 

b)    den Ausbaudurchfluss,

 

c)    die Ausbauleistung der Schnecke (mechanisch) und der elektrischen Anlage,

 

d)    der Generatordrehzahl bzw. Getriebeübersetzung,

 

e)    die Auslegungsdrehzahl und

 

f)     Details zum drehzahlvariablen Betrieb (wenn vorhanden).

 

Ein ausführlicher Fragenteil zum Betrieb gab Aufschluss über Vereisungsprobleme, Lärmentwicklung, Rechenanlage, Teillastbetrieb, Treibgutproblem, Wartung, Fischfreundlichkeit und warum für die konkrete Anwendung eine Schnecke gewählt wurde. In diesem letzten Teil konnte auf 10 Fragen mit freiem Text geantwortet werden. Aus den gesammelten Antworten wurden abschließend Kategorien definiert um sie statistisch interpretieren zu können.

 

Parallel zur Befragung wurden im Sommer 2010 insgesamt 36 Wirkungsgrade an 14 Anlagen in Österreich, Südtirol und Deutschland gemessen (drei Schneckenhersteller). Dazu wurde bei unterschiedlichen Betriebszuständen der Durchfluss, die Wasserspiegeldifferenz (Fallhöhe), die elektrische Leistung der Anlage und die Schneckendrehzahl ermittelt. Während der einzelnen Messungen wurde auf stationäre Verhältnisse geachtet (keine Durchflussänderungen, etc.). Die Durchflussbestimmung vor Ort erfolgte mit einer elektromagnetischen Fließgeschwindigkeitsmessung. Zur Anwendung kam ein P-EMS (programmable electromagnetic liquid velocity meter) [6] der Firma Delft Hydraulics (Deltares) mit einem E 40 elliptic- Messaufsatz. Die Messung der Fallhöhe erfolgte mit einem Nivellement zwischen Fixpunkten (Bauwerkskanten) und Abstandsmessungen zur Wasserspiegeloberfläche zu Beginn und Ende jeder Wirkungsgradmessung. Die elektrische Leistung wurde in der Mehrzahl der Fälle vom geeichten Einspeisezähler abgelesen. In einigen Fällen musste jedoch auch die Anzeige des elektronischen Regelsystems herangezogen werden. Die Drehzahl wurde entweder vom Regelsystem abgelesen oder durch Zählen der Umdrehungen pro Zeiteinheit ermittelt. Aus den gemessenen Werten der Durchflüsse und der Fallhöhen wurde die hydraulische Leistung ermittelt. Der Anlagenwirkungsgrad ergibt sich als Quotient von elektrischer Einspeiseleitung zu hydraulischer Leistung.

 

Die in der Literaturrecherche gefundenen Aussagen zur Fischverträglichkeit wurden zusammengeführt, und ein Überblick zu dieser Thematik zu geben.

 

3       Ergebnisse

 

3.1       Verbreitung

 

Es wurden 74 Wasserkraftschnecken an 71 Standorten in Europa dokumentiert und verortet. In Deutschland befinden sich mit 30 Standorten die meisten bekannten Anlagen, gefolgt von Großbritannien mit 18, Österreich mit 14 und Italien mit 4 Standorten. Jeweils eine bekannte Anlage steht in Irland, Luxemburg, Frankreich, der Schweiz und der Tschechischen Republik. Bild 2 zeigt eine Übersicht der Standorte.

 

Bild 2: Bekannte Anlagenstandorte in Europa

 

Um den Einsatzbereich der Wasserkraftschnecke abzubilden wird eine Verteilung der Anlagenleistungen dargestellt (Bild 3). Es gibt viele kleine Anlagen und die Klassensumme nimmt proportional zur Anlagengröße ab.

 

Bild 3: Verteilung der Anlagengrößen aus der Standorterhebung

 

Die Kennwerte der Verteilung (Minimum, Maximum, Mittelwert, Median und Stichprobenumfang) von Anlagenleistung, Durchfluss und Fallhöhen sind in Tabelle 1 a enthalten.

 

3.2       Betreiberbefragung

 

Es haben 31 Anlagenbetreiber an der Befragung teilgenommen. Die wichtigsten Ergebnisse werden im Folgenden zusammengefasst.

 

In gut der Hälfte der Anlagen (52 %) wird die WKS als Hauptturbine, in einem Drittel zur Nutzung der Restwasserabgabe und in 15 % zur Nutzung des Überwassers eingesetzt. Dabei werden WKS hauptsächlich als Wehrkraftwerke gebaut (65 %). Die Ausbaudurchflüsse bewegen sich zwischen 0,25 und 5,00 m³/s, was einer Spannweite von 1: 20 entspricht. Auch die Fallhöhe weist mit 1: 6 eine große Variabilität auf, wobei der größere Teil (81 %) in der unteren Hälfte dieser Spannweite angesiedelt ist (<3,5 m). Aus diesen Kennwerten ergeben sich hydraulische Leistungen zwischen 6,6 und 181,5 kW. Dafür werden Schnecken bis 3,6 m Aussendurchmesser installiert.

 

Der Verhältniswert von Steigung und Aussendurchmesser (S / D) ist für die Auslegung interessant. Der Wert 1,00 wurde von Nagel und Radlik [1] für die Wasserhebeschnecken empfohlen und wird von zwei Drittel der Wasserkraftschnecken eingehalten (+/-3 %). Je nach Einbau der Schnecke wurde in einigen Fällen von diesem Standardwert abgewichen. Ebenso liegt die Verhältniszahl von Innen- zu Aussendurchmesser (d / D) am häufigsten im Bereich des von Nagel und Radlik empfohlenen Wertes für Wasserhebeschnecken (0,5). Auch sie weicht in speziellen Einbausituationen ab. Diese Situationen sind im wesentlichen:

 

1)    größere Neigungswinkel (β) und

 

2)    veränderte Ausbaudurchflüsse bei gleich bleibendem Außendurchmesser.

 

Bei der Hälfte der befragten Anlagen vergehen zwischen dem Beginn der Betonbauarbeiten und der Inbetriebnahme der Anlage weniger als vier Monate. Das ist zum Teil auf die Bauform mit vorgefertigtem Stahltrog zurückzuführen, die sich laut der Befragung durchgesetzt hat. Nur die älteste der betrachteten Schnecken (Inbetriebnahme im Jahr 2000) hat einen Betontrog. Drei Schnecken mit Durchmessern unter 1,6 m sind mit geschlossenem Stahltrog (Stahlrohr) ausgeführt.

 

Die Generatorleistung reicht von 4 bis 140 kW wobei die Hälfte der Anlagen auf unter 33 kW ausgelegt ist. Eine Zusammenfassung der Kraftwerks- und der Schneckenparameter wurde in Tabelle 1 b zusammengestellt. Tabelle 1 a enthält Vergleichswerte aus der Verbreitungserhebung. Sie weisen nahezu idente Mittelwerte auf.

 

Tabelle 1:a) Kraftwerksparameter und Stichprobenumfang aus der Erhebung
b) Kraftwerks- und Schneckenparameter und Bauzeit aus der Befragung

 

Die Auswertung der Angaben zum Betrieb ergab, dass 74 % der Anlagen mit Vertikalrechen ohne automatische Reinigung arbeiten, die Stabweiten zwischen 10 und 15 cm aufweisen. Die durchschnittliche Wartungszeit liegt bei einer Stunde pro Woche.

 

Fast alle mitteleuropäischen Schneckenbetreiber haben Erfahrungen mit der Vereisung ihrer Anlage. Die Schilderungen reichen von „leichtem Aneisen“ bis zum Stillstand wegen „Kratz- und Schleifgeräuschen“. Zum Abschalten der Anlage kommt es am häufigsten bei Temperaturen unter -10 °C, wobei 55 % der Anlagenbetreiber das Problem durch eine ständige oder temporäre Einhausung mit Holzbohlen lösen konnten. 19 % haben keine Probleme festgestellt (vor allem im englischsprachigen Raum) und 10 % haben noch keinen Winterbetrieb gehabt.

 

Als Ursache von Lärmentwicklung wird am häufigsten ein Schlaggeräusch („Blattschlagen“) der Schneckenflügel beim Eintauchen in das Unterwasser beschrieben, das bei niedrigen Unterwasserständen verstärkt auftreten kann. (Bild 4)

 

Bild 4:  Ursachen der Lärmentwicklung im Betrieb der Wasserkraftschnecke

 

Bei 48 % der Anlagen kommt es durch die Lärmentwicklung der WKS zu keinen Problemen mit Anrainern. Es existieren in diesen Fällen andere, stärkere Lärmquellen oder der Standort ist abgeschieden. Die Einhausung hat sich wie schon in Bezug auf die Vereisungsproblematik auch in Bezug auf die ganzjährige Lärmentwicklung bewährt. Ein Viertel der Befragten hat so ihr Lärmproblem gelöst, wobei 10 % der Befragten das zusätzliche Anbringen einer aufschwimmenden Gummiabdeckung im Auslauf als hilfreich beschreiben.

Um die Auslegungspraxis der WKS-Hersteller in Bezug auf Drehzahl und Außendurchmesser zu sehen, wurden diese in Relation zum Ausbaudurchfluss in Bild 5 dargestellt. Zusätzlich wurden die nach Nagel und Radlik [1] ermittelten Werte für den Schneckenaußendurchmesser und die Drehzahl nach Mysken gegen den wirklichen Förderstrom [1] für die am häufigsten gebaute WKS (dreigängig mit β= 22 ° und d/D=0,5) berechnet und als Referenz eingezeichnet. Die errechneten Kurven gleichen nahezu den Ausgleichskurven der Befragungswerte. Der Versatz der Drehzahlkurve ergibt sich durch einen höheren Förderstrom der WKS gegenüber der Wasserhebeschnecke. Die Spaltverluste werden zum energetisch nutzbaren Förderstrom der WKS addiert um den effektiven Förderstrom zu erhalten (Ausbaudurchfluss), wohingegen die Spaltverluste beim Heben von Wasser vom nominellen Förderstrom abgezogen werden müssen.

Bild 5: Auslegungswerte von Drehzahl und Außendurchmesser in Abhängigkeit vom Ausbaudurchfluss

 

Um Anhaltswerte für die Investitionskosten zu erhalten, wurden die Anlagengesamtkosten in Abhängigkeit von der Anlagenleistung in Bild 6 a dargestellt (Bezugsjahr 2010- Inflation über nationale Verbraucherpreisindizes angenähert). Die tatsächlichen Kosten sind stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängig. Bild 6 b zeigt die spezifischen Anlagenkosten über die Anlagenleistung. Beide Diagramme enthalten Regressionslinien für die Kosten ungeregelter Anlagen und für Anlagen mit Drehzahlregelung.

 

 

Bild 6:a)   Anlagen- gesamtkosten in Abhängigkeit von der Anlagenleistung

b)  Spezifische Anlagenkosten

 

3.3       Wirkungsgradmessung

Die gemessenen Anlagenwirkungsgrade liegen im Mittel bei 69 %. Sechs Anlagen mit mehreren überdurchschnittlichen Wirkungsgradergebnissen erreichten Spitzenwirkungsgrade über 75 %. Um die gemessenen Werte dazustellen, wurden sie nach der Regelungsart in Anlagen mit:

1)    Frequenzumrichter- stufenlose Drehzahlregelung

2)    Polumschaltbarem Generator-stufenweise Regelung

3)    Fixdrehzahl- ungeregelt

gruppiert und das Beaufschlagungsverhältnis errechnet. Diese Verhältniszahl ergibt sich als Quotient zwischen Durchfluss zum Messzeitpunkt und Ausbaudurchfluss.

Bild 7 zeigt das Streudiagramm der Anlagenwirkungsgrade in Abhängigkeit vom Beaufschlagungsverhältnis.

Bild 7:  Anlagenwirkungsgrad in Abhängigkeit vom Beaufschlagungs- verhältnis und der Art der Regelung

 

Die Wirkungsgrade zeigten für jede Einzelanlage gleichmäßige Verläufe. Die große vertikale Streuung bei den Anlagen mit Frequenzumrichter ergibt sich durch unterschiedlich „gute“ Anlagen.

Die realisierten Werte lassen erste Schlüsse auf das Betriebsverhalten der unterschiedlich geregelten Anlagen zu. Für die ungeregelten Anlagen ergibt sich das Wirkungsgradmaximum beim Ausbaudurchfluss, weil sich abseits der Auslegungsverhältnisse ungünstige Betriebszustände ergeben. Bei geringerer Beaufschlagung erhöht sich der Anteil der Spaltverluste, bei höherer Beaufschlagung vermindert das Überlaufen über das Innenrohr den Wirkungsgrad.

Anlagen mit polumschaltbarem Generator können bei verminderten Zuflüssen stufenweise in ihrer Drehzahl angepasst werden. Die bei ungeregelten Anlagen erläuterten Faktoren wirken sich daher nur teilweise aus.

Anlagen mit Frequenzumrichter können stufenlos auf geänderte Abflussverhältnisse angepasst werden. Die Voraussetzung, dass sie im optimalen Wirkungsgradbereich betrieben werden, ist eine entsprechend gestaltete Regelelektronik. Allerdings haben diese Anlagen einen zusätzlichen Wirkungsgradverlust von  3 % durch die Frequenzumrichtung. Diese Schlussfolgerungen sind noch durch weitere Messungen zu belegen.

 

3.4       Literaturstudie zur Fischverträglichkeit

 

Die Literaturstudie lässt auf eine sehr hohe Fischverträglichkeit [7],[8],[9], vor allem im Vergleich zu herkömmlichen Turbinen, schließen. Artenspezifisch (Plötze, Blei, Schleie) ergeben sich jedoch Verletzungshäufigkeiten, deren Ursachen noch nicht eindeutig geklärt sind. Schmalz [9] vermutet einen Zusammenhang mit dem Spaltmaß, der Länge der WKS (Transportdauer) und dem Schneckendurchmesser. Er hält fest, dass eine Reduktion des Rechenabstandes (auf beispielsweise 10 mm) zu keiner Verminderung der Verletzungsraten führt, da die Verminderung des Rechenabstandes kein Hindernis für die betroffenen Tiere darstellt.

 

     Zusammenfassung

 

Die vorliegende Arbeit gibt den aktuellen Entwicklungsstand und die Verbreitung der Wasserkraftschnecke wieder. Dazu wurden eine Erhebung der Standorte, 31 Betreiberbefragungen, 36 Wirkungsgradmessungen an 14 Anlagen und eine Literaturstudie zur Fischverträglichkeit durchgeführt.

Die Mehrzahl der befragten WKS-Betreiber äußerte sich sehr zufrieden mit der WKS. Probleme mit Vereisung und Lärmentwicklung wurden oft erst im Betrieb ernst genommen, aber bei fast allen Anlagen durch ähnliche Maßnahmen (wie Einhausung oder temporäre Abdeckung) kostengünstig gelöst.

Bei Durchflüssen unter dem Auslegungsdurchfluss zeigten drehzahlgeregelte Anlagen mit Frequenzumrichter Vorteile in Bezug auf den Wirkungsgrad. Beim Auslegungsdurchfluss und bis 15 % darüber haben Anlagen mit Fixdrehzahl die besseren Wirkungsgrade, weil sie hydraulisch gleich effizient sind und ohne die Verluste eines Frequenzumrichters arbeiten. Die Wirkungsgrade zeigten für jede Einzelanlage gleichmäßige Verläufe.

Künftige Anlagenbetreiber bekommen mit diesen Ergebnissen zusätzliche Entscheidungsgrundlagen um die für ihre Randbedingungen passendste Technologie auswählen zu können. Die Wasserkraftschnecke ist eine innovative, wartungsarme und ökologisch interessante Niederdrucktechnologie.

 

5        Ausblick

 

Die eingangs erwähnten Laborversuche (Vorversuch) zum Konzept der Drehrohrschnecke werden Ende Frühjahr 2011 fertiggestellt. Der Hauptversuch mit einem Schneckendurchmesser von 806 mm und einer beschaufelten Länge von 3 m wird im zweiten Halbjahr 2011 durchgeführt. Dazu werden Messungen an sechs unterschiedlichen Schneckeneinsätzen vorgenommen. Das Forschungsprojekt WKS-opt läuft noch bis Juni 2012.

Durch die Vorschreibung von Restwasserabgaben im Zuge der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WR-RL) [10] steigt die Nachfrage nach WKS enorm an. Auch die Problematik von Fischabstieg und Rechengutmengen wird den Einsatz der Wasserkraftschnecke vorantreiben, da die Schnecke aufgrund der großen Rechenweiten technische und finanzielle Vorteile gegenüber herkömmlichen Niederdruckturbinen bietet. Deshalb ist auch bei der Fischverträglichkeit noch Forschungsbedarf gegeben, um die Verträglichkeit über die Einzelfallbetrachtung hinaus zu ermitteln.

 

Fördergeber

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „NEUE ENERGIEN 2020“ durchgeführt.

 

Autoren

DI Alois Lashofer, DI Florian Kaltenberger, ao.Univ.Prof. DI Dr. Bernhard Pelikan

Institut f. Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstr. Wasserbau der Univ. f. Bodenkultur, Wien

Muthgasse 18

A - 1190 Wien

lashofer.alois@boku.ac.at

 

Literatur

[1] Nagel, G.; Radlik, K.: Wasserförderschnecken – Planung, Bau und Betrieb von Wasserhebeanlagen; Udo Pfriemer Buchverlag in der Bauverlag GmbH, Wiesbaden, Berlin (1988)

[2] Patentschrift DE 4139134A1. Wasserkraftschnecke zur Energieumwandlung 11.06.1992 Karl-August Radlik

[3] Brada, K.: Wasserkraftschnecke ermöglicht Stromerzeugung über Kleinkraftwerke. In: Maschinenmarkt 14 (1999), S. 52-56

[4] Kleemann, J.: Gutachten zur Wirkungsgradbestimmung an einer Wasserkraftschnecke Fabrikat RITZ-ATRO, Technische Universität Kaiserslautern – Fachbereich für Maschinenbau und Verfahrenstechnik (2003)

[5] Bard, N.: River Dart Hydro Performance Assessment By Nick Bard Hydro Services For Mannpower Consulting Ltd. (2007)

[6] http://www.deltares.nl/en/facilities/instrumentation/p-ems

[7] Späh, H.: Fischereibiologisches Gutachten zur Fischverträglichkeit der patentgeschützten Wasserkraftschnecke der Ritz-Atro Pumpwerksbau GmbH. Bielefeld: (2001)

[8] FISHTEK consulting: Fish Monitoring and Live Fish Trials. Archimedes Screw Turbine, River Dart- Phase 1 Report: Live fish trials, smolts, leading edge assessment, disorientation study, outflow monitoring. Moretonhampstead: (2007)

[9] Schmalz, W.: Untersuchungen zum Fischabstieg und Kontrolle möglicher Fischschäden durch die Wasserkraftschnecke an der Wasserkraftanlage Walkmühle an der Werra in Meiningen – Abschlussbericht. Breitenbach: (2010)

[10] Richtlinie 2000/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (v. 23.10.2000)